Wie geht es weiter nach dem Georgien-Krieg? Wie kam es zu der Tragödie im Kaukasus? Und welche Perspektiven gibt es im Verhältnis zwischen dem energiereichen Russland und dem technologiereichen Deutschland? Die National-Zeitung hat Dr. Wladimir Schirinowski, Vizepräsident der russischen Staatsduma, befragt.
„Damit McCain die Wahlen gewinnen kann“
National-Zeitung: Was hat nach Ihrer Auffassung den georgischen Präsidenten Saakaschwili bewogen, die kriegerische Auseinandersetzung mit dem großen Russland zu suchen, obgleich doch Georgien vergleichsweise ein Zwerg ist?
Schirinowski: Saakaschwili führte auf Anweisung der USA den militärischen Konflikt mit Russland herbei. Die US-Regierung braucht die Verschärfung der internationalen Lage, damit John McCain die Wahlen gewinnen kann. Außerdem dient Georgien als ein Aufmarschgebiet zum Angriff auf den Iran. Dieser Angriff soll in den nächsten Monaten passieren. Und in den letzten Jahren haben amerikanische Spezialisten die georgische Armee für militärische Provokationen vorbereitet.
National-Zeitung: Wer steht nach Ihrer Auffassung hinter der Einkreisungspolitik gegen Russland?
Schirinowski: Nur die USA stehen hinter dieser aggressiven Politik gegen Russland. Sie besetzen bis jetzt Deutschland, Japan, Korea. Sie führen Krieg in Afghanistan und im Irak, sie provozieren einen Konflikt im nördlichen Kaukasus – Tschetschenien, Dagestan, Inguschetien... Und sie wollen ihre Stützpunkte auf dem georgischen Gebiet haben, weil seit 2005 die von den USA durchgesetzte Ölpipeline vom Kaspischen Meer über Georgien bis an die türkische Mittelmeerküste führt. Langfristig versuchen sie, Stützpunkte auf dem Gebiet von Aserbaidschan zu errichten. Und nach einer Niederlage des Iran werden fast 80 Prozent des Öls in den Händen der USA sein.
Wladimir Schirinowski, geboren 1946 in Almaty (Kasachstan), ist Vizepräsident der Duma (so heißt die erste Kammer des Parlaments der Russischen Föderation) sowie Gründer und Vorsitzender der Liberal-Demokratischen Partei Russlands (LPDR). Sie ging als drittstärkste der vier in der Duma vertretenen Parteien aus der Parlamentswahl vom Dezember 2007 hervor.
„Wir wollten den Krieg nicht“
National-Zeitung: Wer hat Ihres Erachtens die antirussischen Revolutionen in der Ukraine und in Georgien finanziert?
Schirinowski: Die antirussischen Kräfte in der Ukraine und in Georgien sind von den USA mit hunderten Millionen Dollar finanziert worden. Die georgische Führung steht auf amerikanischen Gehaltslisten. Im Gegensatz dazu lebt die Bevölkerung Georgiens großenteils von Überweisungen aus Russland, wo rund eine Million Georgier wohnen. Wir wollten niemals den Krieg im Kaukasus und waren nun gezwungen, die Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien anzuerkennen, um den aggressiven Absichten Georgiens entgegenzutreten.
Die Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline vom Kaspischen Meer zum Mittelmeer auf einer CIA-Karte. Die 1770 Kilometer lange, für 3,5 Milliarden US-Dollar unter Federführung des BP-Konzerns errichtete so genannte „BTC-Pipeline“ verläuft durch Georgien und versetzt das Land so in eine geopolitische Schlüsselposition.
National-Zeitung: Glauben Sie, dass es letztlich darum geht, Russland als starke Macht zu beseitigen und nichtrussischen Kräften freie Hand in Russland und im nahen Ausland zu geben?
Schirinowski: Natürlich stehen für die USA nicht Georgien und Iran im Mittelpunkt, sondern das Wichtigste ist die Schwächung Russlands und möglicherweise seine Ausschaltung als starke Macht. Dazu benutzen sie alle nichtrussischen Kräfte in Russland und im nahen Ausland, wie man es schon vor 300 Jahren, sehr aktiv nach 1945 und besonders frech nach 1991 betrieb.
„Ein deutsch-russisches Bündnis bringt Stabilität“
National-Zeitung: Wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen Russland und China?
Schirinowski: Das Verhältnis zwischen Russland und China ist ziemlich ruhig. Wenn die chinesische Politik der Zukunft auf Russlands Fernen Osten zielt, kann das zur Verschärfung der Beziehungen führen. Und das ist auch ein Teil der US-Pläne. Weil man eine solche Variante nicht ausschließen darf, bleibt der Ferne Osten ein Problem. Wir lassen die Abtrennung keines Millimeters zu.
National-Zeitung: Gilt Ihres Erachtens noch die These Bismarcks, dass es letztlich zwischen Deutschland und Russland keine unlösbaren Interessengegensätze gibt und dass beide sich ergänzen müssen?
Schirinowski: Ich stimme Ihrem genialen Kanzler völlig zu. Es gibt keine unlösbaren Gegensätze zwischen Deutschland und Russland. Und nur zusammen können wir den Status von Mächten wahren, die man nicht erpressen kann. Deshalb möchte ich, dass wir uns um Annäherung bemühen. Ich bin für die Rückkehr aller östlichen Gebiete Deutschlands. Deutsche Arbeitnehmer sollen überall in Russland Freizügigkeit genießen. Für Deutschland bedeuten die russischen Ressourcen Sicherheit. Ein Bündnis unserer beiden Länder bringt Stabilität. Deutschland sollte nicht in der NATO bleiben. Es sollte keine fremde Währung benutzen. Die Deutsche Mark wurde höher geschätzt als der Euro. Alle fremden Armeen sollen Deutschland verlassen und Deutschland soll seine östlichen Gebiete zurückbekommen.
1 Kommentare:
Herzlichen Dank für dieses Posting. Hervorragender Artikel. Herr Schirinowski spricht mir aus der Seele!
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