29 März 2006

US-Kriegspläne und Propaganda




Sowohl US-Präsident George W. Bush anlässlich seiner letzten Rede zur Lage der Nation als auch US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld an der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik änderten in auffälliger Weise die offizielle Diktion für ihre politischen Ziele. Die Rede ist nun nicht mehr vom «war on terrorism», sondern von einem «long war», von dem manche Protagonisten schon behaupten, er könnte Generationen überdauern. Der totale und permanente Krieg wurde von Rumsfeld in München mit der Bedrohung durch gewalttätigen Extremismus gerechtfertigt. In seiner Rede kritisierte er auch einzelne Nato-Staaten, die nach seiner Auffassung zu wenig Mittel für die Rüstung bereitstellten. Washington hatte selber kürzlich angekündigt, seinen Militärhaushalt um weitere 5 Prozent auf rund 440 Milliarden Dollar zu erhöhen, die Kriegskosten für Irak und Afghanistan nicht eingerechnet.
gr. Die Welt sieht sich mit einem bisher nie dagewesenen Rüstungswettlauf konfrontiert, der zunehmend auch die europäischen Staaten mit einschliesst. In einem neuen Strategiepapier, dem Quadrennial Defense Review Report, der Anfang Februar vom Pentagon publiziert wurde, werden die amerikanischen Kriegsziele klar benannt. Es geht darum, potentielle Grossmächte wie China, Russland oder Indien daran zu hindern, militärische Gegner der USA zu werden. Zur Vorbeugung sollen unter anderem die Einsatzfähigkeit einer Langstreckenbomber-Flotte beschleunigt und Unterwasser-Waffensysteme entwickelt werden. Zudem will das Pentagon die Sondereinsatztruppen (Special Forces) erheblich verstärken und die Zahl der unbemannten Drohnen nahezu verdoppeln, durch die sowohl eine effiziente Luftüberwachung als auch Raketenangriffe durchgeführt werden können.Diese neue Quadrennial Defense Review fügt sich nahtlos in die National Security Strategy ein, die bereits vor dem 11. September 2001 vorbereitet und dann im September 2002 veröffentlicht worden war. Ein Leitsatz dieser Strategie lautete: «[...] prevent our enemies from threatening us, our allies, and our friends with weapons of mass destruction.» Es geht also darum, potentielle Gegner daran zu hindern, mit dem Einsatz solcher Waffen auch nur zu drohen. Allein schon die theoretische Möglichkeit eines Einsatzes solcher Waffen stellt für die USA einen Kriegsgrund dar. Die Ankündigungen des Pentagon scheinen nicht mehr und nicht weniger zu bedeuten, als dass die Vereinigten Staaten entschlossen sind, ihre Weltherrschaftsbestrebungen durchzusetzen sowie weltweit mittels Krieg und Unterwerfung potentielle Konkurrenten auszuschalten, die sich ihren globalen Wirtschaftsinteressen entgegenzustellen wagen. Wie steht es wirklich um die Globalisierung und die «Ausbreitung der Freiheit», die sie gemäss Pentagon-Bericht angeblich bringt (siehe auch Kasten Michel Chossudovsky)? Uno-Sonderberichterstatter Jean Ziegler hat in einem Interview mit dem «Hamburger Abendblatt» vom 20. Januar dazu eindrückliche Zahlen vorgelegt, deren Bedeutung sich niemand verschliessen kann, der ein Gewissen für sich beansprucht. Ziegler berichtete, dass täglich 100000 Menschen an Hunger oder seinen unmittelbaren Folgen sterben und 856 Millionen Menschen permanent schwerstens unterernährt sind, obwohl die Landwirtschaft heute schon doppelt so viele Menschen ernähren könnte, wie auf der Erde leben. In der globalisierten Welt gebe es nur zwei Aktionsprinzipien: «Privatisierung und Liberalisierung, damit das Kapital dorthin gehen kann, wo es den maximalen Profit erzielt.» Im Jahr 2005 kontrollierten 500 Unternehmen 52% des Weltbruttosozialprodukts. Deren Politik führe gemäss Ziegler auch in Europa zu einer «willentlich organisierten Massenarbeitslosigkeit.» Dennoch sei der «Raubtierkapitalismus» kein Naturgesetz: «Das System ist von Menschen gemacht und kann von ihnen geändert werden.»Wer den Pentagon-Bericht liest, fragt sich unwillkürlich, ob der militärisch-industrielle Komplex mit dem Pentagon, das nach eigenen Angaben drei Millionen Menschen beschäftigt, überhaupt noch friedens- und demokratiefähig ist. Der Bericht liest sich wie der Plan für eine weltweite Militärherrschaft - all dies unter dem paradoxen Vorwand, die Freiheit zu verteidigen. Unsere europäischen Staaten, aber auch die einzelnen Bürger - ob Wissenschafter, Lehrer, Mütter oder was immer - sind gefordert, sich mit dieser Bedrohung auseinanderzusetzen und an Lösungen für einen nachhaltigen Frieden auf der Welt zu arbeiten.Die amerikanischen Kriegsplaner wissen genau, dass sie ihre Ziele nur erreichen können, wenn der Widerstand in der Bevölkerung keine bedeutende Grösse erreicht. Deshalb kommt der psychologischen Kriegsführung mit ihren Elementen der Propaganda, der Angstmache und gezielter Hetzkampagnen eine wichtige Rolle zu. Auch die Kriegsvorbereitungen bezüglich des Iran laufen nach einem bekannten Muster und Drehbuch ab. Es ist deshalb notwendig, die allgemeine Immunabwehr gegen Propaganda und Medieninszenierungen zu stärken. Der Leipziger Philosophieprofessor Georg Meggle, zu dessen Arbeitsschwerpunkten Kommunikation, kollektive Intentionalität und Terrorismus gehören, veröffentlichte im Internet-Magazin Telepolis am 18. Januar bedenkenswerte Ratschläge (siehe Kasten). Hinzuzufügen wäre: Reden Sie mit Freunden, Nachbarn, Arbeitskollegen! Sie werden feststellen, dass viele Menschen Zweifel an der offiziellen Propaganda haben. Der Gedankenaustausch unter Bürgern stärkt das (medien-)unabhängige Denken. Die überwältigende Mehrzahl der Menschen will weder Kulturkampf noch Krieg, schon gar nicht einen «langen Krieg», der unzählige Menschenleben, Hoffnungen und Ressourcen raubt.
Quelle:http://www.zeit-fragen.ch/
Ansorde:Die Zeichen stehen auf Krieg !
 

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