04 März 2006
Die Rheinwiesenlager
Ebenso wie die Wirklichkeit in den deutschen Konzentrationslagern vor der eigenen Bevölkerung abgeschirmt wurde, so verboten auch die Sieger, daß über die Greuel in ihren Lagern gesprochen wurde. Damit wurde die Berechtigung eines Schuldbewußtseins nur der deutschen Seite zugesprochen, für die alliierte Seite aber nicht zugelassen.
Die US-Amerikaner und Franzosen ließen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die in ihre Hände gefallenen deutschen Gefangenen vorsätzlich durch Unterernährung und Krankheiten, aber auch durch wahlloses Erschießen, Verweigerung ärztlicher Hilfe, sowie katastrophale Unterbringung und Kleidung massenweise umkommen. (Deutsche Kriegsgefangene, die - noch bis 1944 - nach Amerika gekommen waren, bekamen in den dortigen Lagern eine gute Behandlung).
Wie alle Soldaten standen sie unter dem Gesetz von Befehl und Gehorsam, waren sie Figuren in der Auseinandersetzung der Mächtigen um die Macht. Als Sieger waren sie Helden, als Besiegte wurden sie zu tragischen Opfern. Als letztere mußten die ehemaligen deutschen Soldaten auch noch nach dem Krieg in großer Zahl mit ihrem Leben, ihrer Gesundheit und ihrer Arbeitskraft zahlen. Die Tätigkeit von Wohlfahrtsverbänden und dem Deutschen Roten Kreuz war von den Amerikanern und Franzosen in ihren Besatzungszonen verboten. Bauern, die in Sichtweite des Lagers pflügen wollten, wurden mit Schüssen zur Flucht gezwungen.
In die Lagerzeit fiel eine drei Wochen andauernde Regenzeit. Sie hat neben der Unterernährung zum Kräfteverfall der Geschwächten beigetragen. Nach dem 19.8. brach im Lager die Ruhr aus, die ihre Opfer forderte. Zu den niederdrückenden Regeln gehörte das zweimalige Antreten zum Vollzähligkeitsappell an jedem Tag. Alle Gefangenen mußten ohne Rücksicht auf ihre Verfassung in Zehner-, Hunderter- und Tausenderblocks in der Reihe stehen. Drei oder mehr Bewacher zählten einzeln nacheinander die Reihen ab, verglichen ihre Zahlen und begannen bei Unstimmigkeit von vorn. Das konnte stundenlang dauern. Wenn Kameraden aus Schwäche umfielen, durften sie nicht aufgehoben und gestützt werden. Die Zähler stiegen über sie hinweg.
Drei Namen stehen vor allen für alle Zeiten als geographische Standortbestimmung der Wiesenlager in den Chroniken der Kriegsgefangenengeschichte: Rheinherg, Wickrath und Remagen.
Die Lager am Rhein - das war einfach Land mit Stacheldraht rundherum. Später kamen ein paar Zelte dazu, ein paar Baracken für die Lagerleitung und die Küche - und sonst nichts.
Einfach Land mit Stacheldraht. Eingezäunte Feldmark - wie für eine Rinderherde.
Lager Remagen, das allenfalls für höchstens 100000 Mann Raum hatte, war mit 134 000 Mann vollgestopft worden; das Lager Bad Kreuznach, für das die Amerikaner anfänglich 45000 Mann vorgesehen hatten, war mit 56 000 Menschen gefüllt. Auf den Wiesen und Äckern um Rheinberg waren mehr als 100 000 Männer zusammengetrieben.
Von 557000 Gefangenen (in den Lagern am Rhein) sind 3053 Gefangene (amerikanische Angaben) bzw. 4537 Gefangene (deutsche Angaben) verstorben.
Amputierte? Ja, auch Amputierte. Männer, die im Krieg eine Hand verloren hatten, einen Arm oder beide Arme, ein Bein oder beide Beine. Männer, denen ein Schuß oder Splitter ein Stück der Schädeldecke weggesprengt hatte, so daß man ihr Gehirn pulsieren sah. Ja, sogar Blinde wurden in die Käfige am Rhein geschleppt.
Der Gefangene Hans Otto Lippens berichtet aus Büderich: »Ein deutscher Offizier machte den US-Lagerkommandanten darauf aufmerksam, daß man angesichts der Zustände in dem Lager mit einer Meuterei rechnen müsse. Dem deutschen Offizier wurde anhand einer Karte klargemacht, wo der nächste Feldflugplatz für US-Jagdbomber war und daß man eine direkte Fernsprechverbindung dorthin hätte.«
Quelle: deutsche-zeitung.com
http://www.klaus-krusche.de
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