10 Dezember 2008

Zeugenaussage von Sami al-Haj, Journalist bei Al-Jazeera


von Silvia Cattori*
Sami El-Haj, sudanesischer Journalist bei Al-Jazeera, ist nach sechseinhalb Jahren Haft in Guantánamo Bay freigelassen worden. Silvia Cattori hat ihn in Genf getroffen, wo er sich aufhielt um vor die Menschenrechtsorgane der UNO zu gehen. Sie hat sich nicht damit begnügt seine Worte zu übertragen, da dieses Interview sie zutiefst bestürzt hat. Sie hat ihre Kommentare beigefügt. Niemand kann, im Übrigen, gleichgültig bleiben, denn es ist nicht nur ein persönlicher Fall, sondern ein Zeugnis über das System von Terror der USA.Er hat gewaltig gelitten und der 438 Tage andauernde Hungerstreik hat ihn geschwächt. Er wurde am 1. Mai 2008 entlassen. Er empfängt uns mit Milde, mit Aufmerksamkeit. Er spricht zu uns, ohne aufdringlich zu sein, von einer Welt, deren Gräuel wir nicht erfassen können, der uns lähmt und uns zu ersticken droht.

Er ist der erste Überlebende dieser von der Bush-Administration auf dem Marinemilitärstützpunkt Guantánamo Bay erbauten Lagern, der die Erlaubnis hat, zu reisen.

„Ich bin nach Genf, der Stadt der UNO und der Freiheit gekommen [1] um zu fordern, dass die Rechte respektieren werden, dass das Lager in Guantánamo und die Geheimgefängnisse geschlossen werden, damit diese illegale Situation beendet wird“. Das Wort wurde ausgesprochen. Alles in diesem Krieg, der sich hauptsächlich gegen Muslime richtet, ist „illegal“; alles ist gefälscht, absurd, kafkaesk.

Heute verstehen wir vieles. Besonders aber, dass eine Anzahl der Attentate, die man seit 1996 Muslimen zuschreibt, von Geheimagenten der MI 6, der CIA, des Mossad finanziert und manipuliert wurden. Mutige Zeugen, wie der ehemalige deutsche Minister Andreas von Bülow [2], haben vor allem diese Art krimineller Aktivitäten, die von Grossmächten verübt werden, enthüllt und angezeigt. Wann hat uns ein Journalist über diese Enthüllungen von Andreas von Bülow berichtet? Nur in den „Neuen Medien“ konnte man diese Information lesen.

Sami al-Haj hat in Guantánamo, gestützt durch seine Gerechtigkeitsliebe, durch seine Überzeugung, dass es die Mission jedes Journalisten ist, über das, was er sieht, zu berichten, die übermenschliche Kraft gehabt durchzuhalten, dem Missbrauch zu widerstehen, sein eigenes Leid beiseite zu schieben. Er hat schwere Schmerzen erlitten, doch in den schlimmsten Momenten konnte er sich die Hoffnung bewahren, dass er von dort entkommen würde. Sich zu sagen, dass man alles beobachten sollte, um als zukünftiger Zeuge zu dienen, hat ihm geholfen, das Unaussprechbare zu ertragen.

Sami al-Haj konnte, im Übrigen, dank seiner journalistischen distanzierten Sichtweise, diese von Herr Bush geschaffene schreckliche Welt, die sein Grab hätte sein können, überleben und nicht dem Wahnsinn verfallen. Andere hatten weniger Glück und sind gestorben oder wurden in den Wahnsinn getrieben und können so kein Zeugnis ablegen.

Sami al-Haj hat sich auch in Gefangenschaft bemüht seine Arbeit, ohne Stift und Papier, als „aktiver Reporter von Al-Jazeera“, wie er sagt, weiterzuführen.

Heute will er alles daran setzen, die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft auf die zehntausenden von Gefangenen in den Kerkern von Guantánamo, Bagram, Kandahar zu lenken, die dort unmenschlichen behandelt werden. Er beantwortet unermüdlich und geduldig die Fragen aller Journalisten. Er hofft mit seinen Worten für jene zu sprechen, die kein Mitspracherecht haben.

Sein Bericht ist essentiell. Sami al-Haj wurde, wie seine Mitgefangenen auch, die ungerechtfertigt als „Terroristen“ bezeichnet wurden, nie verurteilt und hat nie erfahren, was gegen ihn vorlag. Das zeigt uns, dass die „islamistischen Terroristen“ von Herrn Bush und den Journalisten, die seine These unterstützt haben, erfunden sein müssen. Ohne die Komplizenschaft der europäischen Regierungen und der islamophoben Propagandisten in Tel Aviv und Washington, die seit Jahrzehnten zur Desinformation der Öffentlichkeit beitragen und die die Eliten auf der Basis von Lügen beeinflussen, hätten Menschen wie Sami al-Haj, nur weil sie Muslime sind, weder festgenommen werden, noch so lange Geisel dieser Barbarei sein können.
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