14 Oktober 2006
Das große Machtspiel hinter der "Irankrise"
von Lyndon LaRouche
"Es gibt, streng genommen, keine Irankrise", schreibt der amerikanische Oppositionspolitiker Lyndon LaRouche: Der Konflikt um das iranische Nuklearprogramm ist nur ein Aspekt der geopolitischen Bemühungen einer globalisierten Finanzoligarchie, weltweites Chaos zu säen und über den Zusammenbruch des derzeitigen Weltfinanzsystems die noch verbliebenden souveränen Nationalstaaten zu zerschlagen.
Wie vermeintlich vernünftige Menschen leicht getäuscht werden können In den vergangenen Tagen wurde ich in Berlin zweimal gebeten, mich öffentlich über die vermeintliche Irankrise zu äußern. Genaugenommen gibt es zwar einen Iran-Vorgang, aber keine Irankrise. Die angemessenste Bezeichnung für die wirkliche Krise ist ‚eine Krise auf dem Schachbrett der Weltpolitik’. In dieser Krise werden von Kräften im Umfeld der britischen Regierung Blair und deren amerikanischen Komplizen bestimmte Züge auf dem globalen Schachbrett gemacht - und dazu gehört auch das "Iran-Bauernopfer". Wer meint, man müsse ein Urteil über die Irankrise fällen, der beweist damit nur, daß er kein aktiver Mitspieler in diesem Spiel ist, sondern zu den bedauernswerten Opfern psychologischer Kriegsführung gehören, bei denen andere Regie führen. Fähige Analysten werden in dem Iranaspekt dieser aus London gesteuerten Geschehnisse eine Fortsetzung des britischen geopolitischen Spiels erkennen, das unter der Bezeichnung ‚Sykes-Picot’ bekannt wurde. Das bezieht sich ganz besonders darauf, wie diese Machenschaften dazu beitrugen, Rußland unter Zar Nikolaus II. entgegen seinen Interessen in das Bündnis gegen Deutschland und in den Ersten Weltkrieg hineinzuziehen. Wenn man das derzeitige Spiel mit dem Iran in diesen entscheidenden historischen Zusammenhang stellt - und nur dann - hat man die Chance, die gegenwärtige Iran-Affaire zu verstehen, und zwar mit dem Verständnis der weltstrategischen Fragen hinter diesem lokalen Spiel. Das heißt, daß sich die Krise auf dem Schachbrett der Weltpolitik auch gegen Rußland und China richtet, wobei Rußland unmittelbarer betroffen ist. Die aktuelle Phase dieses von den Briten gesteuerten Spiels besteht allerdings in einer vom Veteran des britischen Arabien-Büros Bernard Lewis konzipierten Wiederauflage einer weltweiten Strategie gegen den Islam. So etwas wie die Fortsetzung der auf der Basis des imperialen Bündnisses der venezianischen Finanzoligarchie mit der normannischen Ritterschaft erfolgten Kreuzzüge im Mittelalter. Man arbeitet daran - und dabei steht derzeit das liberal-imperiale London von Tony Blair und Jack Straw im Mittelpunkt - einen Zustand des permanenten Krieges und der permanenten Revolution zu schaffen. Das soll das Wirkprinzip einer neuen Form des weltweiten Imperialismus bilden, die man heute Globalisierung nennt. Ein nie endender weltweiter Religionskrieg gegen den Islam, das ist die britische imperiale Politik, die Blairs Verbündete in und um die Regierung Bush-Cheney übernommen haben. Daß gerade der Iran innerhalb eines weit gefaßten weltweiten Szenarios als Zielscheibe dient, hat im wesentlichen zweierlei Bedeutung: Man will einen Zusammenbruch der Weltwirtschaft auslösen, indem man in Südwestasien eine verheerende, globale Ölkrise hervorruft; gleichzeitig will man im Kaukasus, in Zentralasien und in der Ukraine Chaos entfesseln, damit der russische Einfluß nicht so wiedererstarken kann, wie es die russische Regierung unter Präsident Putin gegenwärtig versucht. Deshalb richten sich die verzweifelten Energien, die derzeit weltweit von den Kräften des Chaos, der Regierung Blair und ihren Verbündeten in der Regierung Cheney-Bush, entfesselt werden, gegen die Bestrebungen der russischen Regierung, die Lage im und um den Iran herum zu stabilisieren. Die gegenwärtige Form des ‚Großen Spiels’ gründet darauf, daß die amerikanische Wirtschaft und das Rooseveltsche Bretton-Woods-System fester Wechselkurse nach der Ära Adenauer, Kennedy und de Gaulle bewußt zerstört wurden, indem man zu einer ‚nachindustriellen’ Ideologie in den Industrienationen und einem ‚Freihandelsystem’ auf der ganzen Welt überging. Die Entwicklung radikaler Versionen der Lockeschen Lehre vom Privateigentum und der Freihandelslehre von Adam Smith hat dazu geführt, daß private Finanzinteressen die vorhandenen, nominell souveränen Regierungen ausbeuten und beherrschen. Damit wurde praktisch ein Zustand geschaffen, der dem mittelalterlichen ultramontanen System unter der Herrschaft von Kreuzrittern und venezianischem Geldadel sehr ähnlich ist. Der Zusammenbruch des gegenwärtigen Finanzsystems würde die existierenden Regierungen, potentiell auch die amerikanische Regierung, zerschlagen und damit die wesentlichen Kräfte der Privateigentümer zu den absoluten Herrschern des gesamten Planeten machen. Man muß die Interessen der Kräfte hinter der sogenannten Irankrise vom Standpunkt dieser weltweiten neofeudalistischen Strategie begreifen. Dann kann man beurteilen, welche Interessen die Finanzoligarchie, die Regierungen wie die von Blair und Straw kontrollierten, vorzugsweise verteidigen. Den schlimmstmöglichen strategischen Fehler begehen diejenigen, die sich einbilden, bei den beherrschenden Motiven der oligarchischen Kräfte handle es sich um das, was normale Menschen als vernünftiges Eigeninteresse verstehen. Wie im Athen des Perikles (490-429 v.Chr.), das sich in den selbstzerstörerischen Peloponnesischen Krieg stürzte, kommt das Verderben, wie Platon damals betonte, durch den korrumpierenden Einfluß des Sophismus auf den Geist und die Moral der so verdummten führenden Schichten und der Bevölkerung insgesamt. Wenn man sich anstelle der Vernunft, die man als Achtung vor beweisbaren Prinzipien der Wissenschaft bezeichnen kann, sklavisch von dem leiten läßt, was man als vorherrschenden Trend der öffentliche Meinung - vor allem in den einflußreichen gesellschaftlichen Schichten - ansieht, dann hat man den selbstverschuldeten Weg in den Untergang betreten. Dies ist der Trend der Sophisterei unter den Universitätsabsolventen in den USA und Europa seit dem turbulenten Jahr 1968. Die heute tonangebenden Schichten in Europa und den USA lehnen die Existenz jener Art universeller Prinzipien ab, wie wir sie beispielsweise mit der einzigartigen schöpferischen Entdeckung der universellen Schwerkraft durch Johannes Kepler in Verbindung bringen. Sie ersetzen Prinzipien durch die gerade vorherrschenden Strömungen von Meinungen. Eine allgemeine Zustimmung zu solch vorherrschenden Meinungen führt dann dazu, die geschichtliche Entwicklung zu formen, so wie der Sophismus Athen dazu brachte, sich willentlich in das selbstmörderische Abenteuer des Peloponnesischen Krieges zu stürzen. Im Falle der 68er rühren die auffallendsten Gründe für das derzeitige wirtschaftliche Scheitern und die damit verbundenen Probleme der führenden Nationen Europas und des amerikanischen Kontinents aus der Art und Weise, wie die gegen Arbeiter, Landwirte und gegen Experimentalwissenschaften gerichtete Politik der lautstärksten Vertreter der 68er die Umorientierung von einer sehr erfolgreichen Industriewirtschaft zu einer derzeit im Niedergang begriffenen Dienstleistungswirtschaft vollzogen. Schwerer als der offensichtliche physische Zusammenbruch, der durch die postindustriellen Meinungstrends hervorgerufen wurde, wiegt die Zerstörung der geistigen Fähigkeiten des Normalbürgers, vernünftig zu denken. Heute, fast vier Jahrzehnte nach 1968, dominiert die auf den Niedergang der Gesellschaft zielende Entwicklung, die damals ihren Anfang nahm, praktisch Europa und den amerikanischen Kontinent und ihre sich ausbreitenden Auswirkungen bedrohen den ganzen Planeten. Diese Entwicklung ist nicht die Folge zufälliger politischer Fehlentwicklungen. Die heute sichtbaren Folgen waren damals durchaus beabsichtigt, als diese politischen Trends Ende der 60er Jahre erstmals an die Oberfläche traten. Der Sophismus, durch den sich Nationen heute selbst zerstören, wurde genau mit der Absicht gefördert, den Ruin hervorzurufen, dem wir uns heute gegenübersehen. Ähnlich wie im Falle des von Delphi ausgehenden Sophismus, der in den Jahrzehnten vor dem Peloponnesischen Krieg unter der athenischen Jugend und anderswo verbreitet wurde, war die in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent etwa zwischen 1945-50 geborene Generation Ziel einer ähnlichen geistigen Zerstörung. Die entsprechenden Formen des Sophismus wurden im wesentlichen in Form eines Existentialismus, wie der systematisch irrationalistischen Richtungen von Bertolt Brecht und der Frankfurter Schule, die unter dem Schirm etwa des ‚Kongresses für kulturelle Freiheit’ verbreitet wurden, sowie dem Vorschlag einer letztlich verheerenden Bildungsreform in Europa, wie sie Dr. Alexander King von der OECD vorschlug, vermittelt. Diese Formen der Korruption, die sich gegen die Generation der zwischen 1945-55 Geborenen richtete, wurde von den terrorisierenden Auswirkungen der Atmosphäre des Kalten Kriegs begleitet und dadurch teilweise verstärkt. Daher kapitulieren die Führungspersönlichkeiten in Politik und Gesellschaft vor einer Politik, von der sie wissen, daß sie falsch ist. Und zwar deshalb, weil sie zu der Überzeugung konditioniert wurden, daß diese Politik mit Entwicklungen übereinstimmt, die angeblich ‚unvermeidlich’ sind. Die folgende Auffassung ist weit verbreitet: „Wir müssen akzeptieren, daß wir mit den gegenwärtigen Trends leben müssen.“ Der Glaube an die Existenz einer isolierten Irankrise ist für die Wirkung der modernen Erscheinungsformen des Sophismus typisch. Quelle: Neue Solidarität Nr. 11 2006
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